Wie die Landesbeauftragte erläutert, gibt es in Hessen an mittlerweile sieben Standorten Treffpunkte der Begegnung, Beratung und Bildung für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler jeden Alters, die aus Spätaussiedler-Integrationsmitteln des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport gefördert werden: in Wiesbaden, Groß-Gerau, Kassel, Gießen, Frankfurt, Gelnhausen und in Fulda: „Die Idee der unkomplizierten Anlaufpunkte habe ich zielstrebig verfolgt, weil ich solche niedrigschwelligen Angebote für ausgesprochen wichtig und hilfreich ansehe. Die zu uns gekommenen Menschen brauchen nach ihrer Ankunft in Deutschland weiterhin Hilfe und Unterstützung in vielen Bereichen des Alltagslebens. Wichtig ist einerseits die Möglichkeit, untereinander mit den eigenen Landsleuten in Kontakt zu bleiben, andererseits ist es erst die gemeinsame Teilhabe mit Einheimischen an den Angeboten, die die Eingliederung fördert“.
Das Projekt „Aktive Senioren“ wird täglich abwechselnd an zwei Standorten in Fulda angeboten: im Mehrgenerationenhaus am Aschenberg sowie im Stadtteilzentrum in der ehemaligen Athanasius-Kircher-Schule in Ziehers-Süd und erfreut sich einer großen Resonanz. An beiden Standorten nehmen mittlerweile je rund 50 Seniorinnen und Senioren an dem vielfältigen Angebot teil. Dieses erstreckt sich vom wöchentlichen Frühstück, dem gemeinsamen Mittagstisch, Nähkurs, Bastelangeboten, Sprachkursen, dem digitalen Café, der Sport- und Gymnastikstunde, Ausflügen in die Umgebung, zum Hessischen Landtag sowie Bundestag bis hin zu seniorengerechten Angeboten beim Umgang mit Handy und Computer. Ziegler-Raschdorf nahm am Dienstags-Bastelnachmittag teil, wurde von den Frauen interessiert begrüßt und von den verantwortlichen Projektleiterinnen Linda Kalb-Müller, Margarete Klär und Oxana Schreiner herzlich willkommen geheißen.
Digitalisierung auch für ältere Menschen
Wie Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf betont, ist ihr die Einbindung von Senioren bei der Förderung der Integration von Spätaussiedlern besonders wichtig: „Wir laufen Gefahr, Senioren von unserer heutigen digitalen Welt abzuhängen und ihre Teilhabe am und im Alltag sehr zu erschweren. Viele Senioren haben gar keinen PC oder kein Handy und können zum Beispiel Impftermine, Anträge, Bestellungen oder Sonstiges digital gar nicht erledigen. Insofern trete ich sehr entschieden für ein Recht auf analoges Leben bzw. analoge Teilhabe ein. Dieses Recht ist sowohl für ältere Menschen, deren Anteil in unserer Gesellschaft stetig ansteigt, für Zuwanderer jeglicher Herkunft und auch für bewegungseingeschränkte Menschen von erheblicher Bedeutung, um überhaupt im alltäglichen Leben mitzukommen“.
Die großartige Akzeptanz der auf die praktischen Bedürfnisse der Senioren ausgerichteten Angebote des Projekts mache mehr als deutlich, dass die AWO den Bedarf erkannt und mit ihrem Angebot einen Nerv getroffen habe. Wenn bisher Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler eher nur zurückhaltend zum Bürgerhaus im Stadtteil kamen und sich dort bisweilen etwas „verloren“ fühlten, so nähmen sie inzwischen die speziell auf ihre Altersgruppe ausgerichteten Begegnungs- und Bildungsmöglichkeiten neugierig und mit großer Offenheit an. Hier sei über die Jahre wechselseitig viel Vertrauen gewachsen, für das sie herzlich dankbar sei. Auch die Gelegenheit, untereinander als Landsleute russlanddeutscher Herkunft zusammenkommen zu können, gemeinsam Probleme zu besprechen und zu lösen, sei ein wichtiger Aspekt. Es stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gerade die Sportangebote würden inzwischen zunehmend auch gemeinsam mit einheimischen Stadtteilbewohnern durchgeführt. Für den Erfolg ausschlaggebend sei in jedem Fall auch die beeindruckende Personalkontinuität und große Erfahrung auf Seiten der AWO-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Etliche Betreuerinnen seien seit Jahrzehnten vor Ort und selbst Spätaussiedlerinnen, was den Zugang zu den eigenen Landsleuten erleichtere. Gleichwohl werde darauf geachtet, dass vorrangig deutsch gesprochen werde, auch wenn manches Gespräch in russischer Sprache leichter geführt werden könne.
Projektleiterin Linda Kalb-Müller berichtete, das Interesse sei so groß, dass man bereits Kurse haben schließen müssen, da die Höchstteilnehmerzahl erreicht sei. Über Lösungsmöglichkeiten werde sie diesbezüglich gerne mit der AWO im Gespräch bleiben und Unterstützung leisten, versprach die Landesbeauftragte. Im lockeren Austausch mit den Teilnehmerinnen wurden ihr die Wünsche insbesondere zur Ausweitung der Sportangebote verdeutlicht und Dank für die Unterstützung ausgesprochen. Durch das Projekt „Aktive Senioren“ fühlten sich die Teilnehmerinnen als Mütter und Großmütter gestärkt und unterstützt und insbesondere durch die Gymnastikangebote gesünder und fitter. Dies käme ihren Familien zugute.